Gutshaus
Restaurierung und Erweiterung eines Gutshauses, Berlin-Hohenschönhausen (2021-)
HINTERHOF
Wohn- und Geschäftsgebäude, Berlin-Kreuzberg (2021-)
WOHNUNG
Planung und Umbau einer gründerzeitlichen Altbauwohnung (2020)
TURINER STRAßE
Wohn- und Ateliergebäude auf dem Gelände einer ehem. Kohlenhandlung in Berlin-Wedding, mit Sanierung der Hofgebäude (2015)
TRICHTER
Eröffnung eines Fensters zur Unterwelt in einer Fußgängerzone in Dresden (Künstlerin Franka Hörnschemeyer, Beton und Kanalklinker, 2011)
Das Seetor war eines der vier Stadttore der Dresdener Innenstadt. Hier wurde der Austausch zwischen Stadt und Außenwelt reguliert. Nicht nur militärische, kriminelle oder wirtschaftliche Feinde wurden abgewiesen; auch Kranken wurde in Zeiten von Epidemien der Zugang verwehrt. Nach der Schleifung der Festungsanlagen Anfang des 19. Jh. erkannte man, dass diese Feinde als Erreger im eigenen Stadtkörper gediehen. Ab 1874 wurde eine Schwemmkanalisation eingeführt, die bis heute auf 1.600 Kilometer angewachsen ist und in der täglich ca. 110.000 Kubikmeter Abwasser entsorgt werden. Es handelt sich um ein Freispiegelnetz, das hangabwärts Richtung Elbe fließt. Bevor es in den Fluss mündet, durchläuft es das 1910 gebaute Klärwerk in Dresden-Kaditz. Anstelle des durch Bevölkerungswachstum und Stadterweiterung obsolet gewordenen Seetors ist das unterirdische Kanalsystem getreten, das den inneren Feind ausspült.
Die Skulptur greift die Geschichte dieses Ortes auf. Im oberirdischen Kontext der Shopping-Welt schafft sie einen Abzweig in die Parallelwelt der Kanalisation. Ein sich verjüngender Treppenraum führt hinab vor ein Fenster, durch welches das Schachtbauwerk mit einmündenden Kanälen und Rinnen einsehbar ist. Die Geometrie des Bauwerkes knüpft an die ausgerundeten Querschnitte der Abwasserkanäle an und überträgt sie in einen Trichter aus Beton, dessen Spitze schräg in die Tiefe weist. Die eingelegte Treppe besteht aus Kanalklinker, dem Auskleidungsmaterial der Kanalisationsarchitektur. Das rahmenlos eingesetzte Fenster bildet die Schnittfläche zwischen den Hohlräumen der Kanalisation und des Trichters. Auf der Platzoberfläche zeigt sich eine parabelförmige Betonbrüstung, die den Strom der Fußgänger zerteilt. Beiläufig fängt sie Neugierige ein und führt nach unten vor das Fenster eines verborgenen Raumes.
Der Trichter ist eine hybride Form, ein visuelles und akustisches Instrument, in dem sich die Perspektiven kreuzen: Das fokussierende Moment des Einblicks in die Unterwelt und die Öffnung zum Himmel der Oberwelt. Während man in das Innere der Kanalisation sieht, hört man die seltsam verstärkten Stimmen der oberirdischen Passanten.
(Text mit F. Hörnschemeyer)
DACHSTUHL
Dachgeschossausbau einer Gründerzeitvilla in Berlin
(Entwurf Jan Schombara, 2010)
R-106
Wettbewerbsbeitrag für das CATS in Heidelberg (mit der Künstlerin Franka Hörnschemeyer, 2018)
Wettbewerbsbeitrag für das CATS in Heidelberg (mit der Künstlerin Franka Hörnschemeyer, 2018)
1.)
Die besten Teiche sind flach. Ist der Teich zu tief, werden die Fische zu groß, und große Fische bringen den Menschen Schwierigkeiten.
Diese Anleitung zur Gestaltung eines Teiches stammt aus dem Sakuteiki, dem ältesten Gartenhandbuch Japans aus dem 11. Jahrhundert. Darin werden neben praktischen Bauanleitungen vor allem schamanische und geomantische Grundregeln der Gartengestaltung beschrieben. Es werden besonders die individuellen „Bedürfnisse“ des Materials betont und Gestaltungsentscheidungen vom Wesen des Materials abhängig gemacht.
2.)
In seinem Werk Yuan Ye, dem klassischen Gartenhandbuch Chinas von 1631, beschreibt der Gartenarchitekt Ji Cheng erstmals die Technik der Geliehenen Landschaft, jie jing. Entleihen lässt sich im Prinzip jedes Landschaftselement, sei es ein Regenguss, das Spiel von Licht und Schatten auf der Wand oder das Geräusch des Windes. Es kommt darauf an, von den Gegebenheiten den richtigen Gebrauch zu machen.
Die Geliehene Landschaft ist der wichtigste Teil der Gartengestaltung. Hierbei gibt es verschiedene Methoden, wie das Verwenden von Nähe und Ferne, Oben und Unten, und von bestimmten Zeiten des Jahres. Doch der Reiz natürlicher Gegenstände, und dies betrifft sowohl die für das Auge wahrnehmbare Form als auch die Essenz, die das Herz berührt, muss in deinem Geist ganz gegenwärtig sein, bevor du den Stift aufs Papier setzt; nur dann hast du die Möglichkeit, ihm vollständig Ausdruck zu verleihen.
3.)
Der Entwurf R-106 für das CATS knüpft an diese Regeln an, die sich als Aufforderung zu Angemessenheit und Achtung und zum Gebrauch des Vorhandenen verstehen lassen. Das unterirdische Bauwerk der Forschungsbibliothek liegt im Hof zwischen den vier symmetrisch angeordneten Bestandshäusern und wird durch einen Laubengang auf der Gartenebene markiert. Dieser besteht aus einer Holzkonstruktion, die im Grundriss ein umlaufendes Rechteck bildet. Der Laubengang ist eine Reminiszenz an das ehemalige Klinikgelände und soll auch künftig neben seiner Funktion als Wegeverbindung dem freien Aufenthalt dienen. Im östlichen Abschnitt umrahmt der Laubengang den Patio-artigen Hof im 1. Untergeschoss. Die Ordnung des Laubengangs und des Bodenbelags im Patio beruht auf einem Quadratraster, das die Vorstellung eines Brettspiels hervorruft.
Die Arbeit nimmt die der Struktur inhärenten Möglichkeiten auf und ordnet sie um. Oder anders gesagt: Sie leiht Möglichkeiten der vorhandenen Ordnung und verwirklicht ihr innewohnende zusätzliche Dimensionen. Dadurch wird der als Reminiszenz und Abdruck gedachte Laubengang um den auf die Gegenwart bezogenen Aspekt des Spiels erweitert. Die Operation wird an der nordöstlichen Ecke des Laubengangs ausgeführt. Mehrere Elemente werden entnommen und diagonal in den Patio verschoben oder gespiegelt – die Handlung kann nicht exakt bezeichnet werden, sie nutzt die Logik des technischen Skelettes auf eigensinnige Weise, stellt es um und erhöht seine Komplexität. So entstehen neue Raumachsen, eine Struktur im Luftraum des Hofes und eine abwesende Ecke. Die sinnliche Irritation der Betrachter_in/Benutzer_in führt zu einer Reflexion sowohl über die Herkunft des Laubengangs, seiner baulichen Idee als auch über die Möglichkeiten, die entstehen, wenn der erkunftsgedanke überschritten und das, was er geschaffen hat, sinnlich und als Potential aufgenommen und rekombiniert wird. Die über dem Patio schwebende Konstruktion verdeutlicht das übergeordnete, dreidimensionale Raster, enthält aber auch ein Moment der Verselbstständigung, das jedem Spiel innewohnt. Gleichwohl stellt der Eingriff keinen Bruch dar, der sich als Spur einer Negation abzeichnen würde – er nutzt und erweitert das (geplante) Vorhandene materiell-geistig und belebt es für die, die hier ihrer Wege gehen oder verweilen.
Die Umordnung bildet eine neue Struktur, deren Räumlichkeit durch Überlagerungen und Durchblicke erfahren wird, die aber nicht betreten werden kann. Ein Rätsel wird gestellt über Möglichkeiten von Raum. Es entwickelt die räumlichen Bilder im Geiste, als Illusion, als Schattenbild. Schattenbild meint hier nicht nur die Silhouette oder den Scherenschnitt, sondern vor allem die Imagination, das Abbild, die Vorstellung und das Traumbild. Die Übertragung, das Alter Ego wird zur zweiten Identität innerhalb derselben Struktur. Sie wird zum schwebenden Doppelgänger, der räumlich getrennt und doch untrennbar verbunden als Schattenbild existiert.
(Text mit F. Hörnschemeyer)
3 SCHULEN
Wettbewerbe für Grundschulen an verschiedenen Standorten (2020 bis 2021)
INDRA
Entwürfe für den Umbau des Wohnhauses einer vierköpfigen Familie (2007)
GLEICHRICHTER
Studie für die Umnutzung eines Gleichrichterwerks zu Wohnzwecken in Hennigsdorf bei Berlin (2020)
BOARDINGHOUSE
Studie zu einer Unterkunft für temporär am Ort tätige Arbeitnehmer in Hennigsdorf bei Berlin (2019)
WALDSIEDLUNG
Wettbewerbsentwurf für den Berliner Stadtrand, Klein Machnow (2019)
KOLONNADE
Instandsetzung einer spätbarocken Architekturkulisse aus Sandstein im Park Sanssouci, Potsdam (Mitarbeit bei CRP Bauingenieure, im Auftrag der SPSG, 2004 bis 2014)
Die Kolonnade am Neuen Palais ist eines der größten massive Sandsteinbauwerk in Nordeuropa. Sie
wurde in den Jahren 1767 – 1769 nach Plänen des Architekten Carl von Gontard im Auftrag Friedrich
II. im Stil des Spätbarocks errichtet. Städtebaulich dient sie als Kulisse und bauliche Begrenzung des
Schlossplatzes des Neuen Palais‘. Die bauzeitlichen Sandsteine stammen aus Steinbrüchen bei
Magdeburg und in Schlesien, später wurde vor allem mit sächsischen Sandsteinen ergänzt.
Der halbkreisförmige Grundriss mit einer Länge von 150m öffnet sich zum Schlossplatz. Das Bauwerk
besteht aus fünf Teilen: Süd- und den Nordpavillon als Kopfbauten, anschließend Süd- und
Nordkolonnade sowie das zentrale Triumphtor. Dieses ist einschließlich Kuppel 28m hoch. 12 massive
Mauerwerkspfeiler, 122 korinthische und 36 ionische Säulen tragen Gebälke und Bedachungen, die
schon bauzeitlich mit schmiedeeisernen Zuggliedern verstärkt waren. Der Bauschmuck besteht aus
einer Vielzahl von knapp 3m hohen Sandsteinskulpturen sowie Reliefs und Ornamenten aus
Sandstein und Stuck. Bis ins späte 19. Jahrhundert war die Kolonnade farbgefasst.
Bei Kampfhandlung gegen Ende des II. Weltkrieges wurde das Bauwerk beschädigt und auch in der
Folgezeit nicht unterhalten. 1984 begannen Instandsetzungsarbeiten, die aber nicht abgeschlossen
werden konnten. 2004 wurden die Planungen wieder aufgenommen mit Bauforschungen,
Voruntersuchungen zur Restaurierung, konzeptionellen Abstimmungen und Aufmaß- und
Kartierungsarbeiten.
Die Kolonnade war zu diesem Zeitpunkt akut Einsturz gefährdet. Es mussten Lösungen für die
gravierenden statisch-konstruktiven und bauchemischen Schädigungen gefunden und
Restaurierungstechniken für Sandstein und Putze entwickelt werden.
Die Ausführung der Arbeiten dauerte von 2008 bis 2014. Das gesamte Tragwerk wurde von den
Fundamenten aus komplett instandgesetzt. Dabei wurden umfangreiche zusätzliche
Sicherungskonstruktionen aus Stahl eingebaut, um Bauwerksbewegungen zukünftig abfangen zu
können. Zerstörte und stark geschädigte Bauteile wurden erneuert bzw. rekonstruiert und die Dächer
instandgesetzt. Alle Oberflächen sowie der Bauschmuck wurden gereinigt, restauriert und
konserviert.
AUF DER MOPKE
Entwurf eines temporären Besucherzentrums mit Baubüro auf altem Pflaster im Park Sanssouci, Potsdam (im Auftrag von CRP Bauingenieure, 2003)
1 – Herkulesplateau
Als westlicher Abschluss des Bergparks wird das Herkulesplateau homogenisiert und in seiner Eigenständigkeit kenntlich gemacht. Auf der weich geschwungenen Hochwiese versammeln sich hinter dem solitären, monumentalen Herkulesbauwerk Nebengebäude von pittoresk-ländlichem Maßstab. Gärtnerische Elemente, die das Plateau optisch verstellen, werden reduziert und auf die baulichen Objekte zusammengezogen, mit denen sie zusammenhängen. Böschungsmauern, Hecken und Materialkontraste in den Wegbelägen werden nivelliert, während die Wald- und Geländekanten als Begrenzungen zu den umliegenden Landschaftsräumen freigestellt und durch den Verlauf des Ringweges betont werden. Das Herkulesplateau wird als Vermittler zwischen dem künstlerisch geformten Bergpark und der agrikulturell geprägten Landschaft auf dem westlichen Höhenrücken, zwischen der machtbewusst-raumgreifenden Achse und der pragmatisch-ungerichteten Felderwirtschaft wahrnehmbar.
2 – Randerscheinung
Dieses Kenntlichmachen verlangt auch die Auslagerung und deutliche Abtrennung der Verkehrsfunktionen von dem Bewegungssystem des Plateaus. Das Besucherzentrum fungiert dabei als transitorischer Ort, der von der infrastrukturellen Welt in (und auf) die verkehrsfreie Welt des Bergparks überleitet. Es empfängt (entlässt) unten und entlässt (empfängt) oben, tritt selber aber nicht als Objekt des Herkulesplateaus sondern als dessen Rand in Erscheinung. Durch diese Dramatisierung der Topographie überschreitet der Besucher beim Übergang in den Bergpark eine landschaftliche Schwelle, die zum einen die Differenz der Räume hervorhebt und zum anderen das Thema der Künstlichkeit in Bezug auf das Naturhafte einleitet.
3 – Verkehr
Das Park- und Haltestellensystem wird kompakt nördlich der ankommenden Landstraße organisiert. Bevor der Waldparkplatz erreicht wird, hat der Besucher über die Wand des Besucherzentrums hinweg einen ersten Eindruck vom Herkulesbauwerk genommen. Die Verkehrsinsel vor dem Besucherzentrum dient als Angelpunkt der Verkehrssysteme. Die Haltestellen für den ÖPVN sowie für den Parkshuttle sind gut sichtbar und unweit des Besucherzentrums um die Insel gelegen. Vom Parkplatz führt eine Allee geradlinig auf den Vorplatz des Besucherzentrums, der als geneigte und sich verjüngende Fläche auf den Eingang zum Park führt. Reisebusse parken entlang dieser Allee. Das Parkplatzangebot lässt sich im vorgeschlagenen System erweitern, ohne dass dabei der westliche Waldsaum, der den Parkplatz abschirmt, aufgegeben werden müsste. Bei Sonderveranstaltungen wie dem „Son et Lumiere“ können temporäre Kassen auf dem Vorplatz aufgebaut werden. Die Anlieferungszufahrt nördlich der auslaufenden Wand des Besucherzentrums kann bei Bedarf für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Vor der zurückgesetzten Fassade des Besucherzentrums sind regengeschützte Sitzgelegenheiten für Wartende vorhanden.
4 – Außenraum
Von der Freitreppe des Besucherzentrums gelangt der Besucher auf den umlaufenden Ringweg. Von ihm aus wird das Herkulesbauwerk in seiner Körperhaftigkeit erfahren. Der aus wassergebundenem Feinkies hergestellte Ringweg mündet in die locker gesetzte Kleinsteinfläche, auf der das Bauwerk von weitem wie in einer Wiese zu stehen scheint. Über diese Fläche sind alle Zugänge in und auf das Herkulesbauwerk erreichbar. Die Situation um die Bauhütte wird belassen. Die Hecke um das Aufseherhaus wird soweit zusammengezogen, dass Haus und Hecke zu einem inselhaften Objekt auf dem Plateau werden. Das Wasserreservoir wird zugänglich gemacht. Ein Schwimmponton mit kleinen Scharnierbrücken eröffnet die Möglichkeit, auf dem Wasser im Angesicht des Herkules zu verweilen. Die Geländeaufschüttungen um das Restaurant werden von niederem Bewuchs und kleinen Bäumen bereinigt, um sie in die Fläche des Plateaus zu integrieren. An die Topographie angepasste Picknickpodeste erschließen den kleinen Hügel zwischen Restaurant und Herkules für den Aufenthalt. Auf der Ostseite des Restaurants entsteht durch Ringweg und die Anlage einer weiteren Terrasse zwischen Ringweg und Restaurant ein gestuftes, mit Mauern befestigtes Gelände, das als attraktiver Außenbereich mit Blick in den Bergpark die bisher sehr kleine Restaurantterrasse erweitert.
TOPOGRAPHIE
Wettbewerb Dokumentations- und Besucherzentrum auf dem Gelände der ehem. Gestapo-Zentrale (2000)
1 – Konglomerat/Fundstelle/Institution
Vor der „Entdeckung“ des Geländes der ehemaligen Zentrale des nationalsozialistischen Machtapparates lag hier eine von Ruderalvegetation überzogene innerstädtische Brache mit einem Gebäuderelikte bergenden Bodengemenge. Der Zustand der Vergessenheit wurde durch die Freilegung und Konservierung einer Auswahl von Relikten aufgehoben und das Gelände in einen geschichtlichen Zusammenhang gestellt. Mit der fortschreitenden Präparierung der Fundstellen und insbesondere mit dem Aufbau eines Dokumentations- und Besucherzentrums wird die noch vage Bedeutung festgeschrieben und institutionalisiert. Da der Auftrag der Institution ein aufklärerischer und wissenschaftlicher ist, müssen die „Ausgangsmaterialien“, das Gelände und die Relikte, in ihrem vorgefundenen Zustand erfahrbar bleiben.
2 – Geländegestaltung
Mit einfachen Mitteln wird die Umwandlung des Geländes sichtbar gemacht. Die Zweiteilung durch unterschiedliche Vegetationsarten („Steppe und Wald“) wird als Ausdruck der Aussonderung aus der normalen städtischen Entwicklung erhalten und das Gelände durch einen umlaufenden, gut einsehbaren Stabgitterzaun eingefasst.
Die Relikte werden mit Hilfe von Stützwänden und Abböschungen freigelegt und zugänglich. Die Wände ziehen die Grenze zwischen Geländeoberfläche und Ausgrabung. Diese schafft eine neue Ebene, die im Gegensatz zur unbestimmten Oberfläche für einen interpretatorischen Zugriff steht. Analog wird auch das Dokumentationszentrum leicht vertieft auf eine ausgegrabene Fläche gesetzt.
Die Schutzdächer werden seitlich verschoben über die Ausgrabungsbereiche platziert. In den so erzeugten Zwischenräumen verlaufen die Zugänge zu den tiefer liegenden Ebenen. Die metallene Dachhaut wird von L-förmigen Rippen getragen und erhebt sich nur geringfügig über die Geländeoberfläche. Ihre Schrägstellung erlaubt dennoch eine ausreichende Einsicht und Belichtung der Ausgrabungen.
Das Wegesystem verläuft netzartig über das Gelände und verbindet alle Stationen des Rundganges. Das Dokumentationszentrum ist durch sein mehrseitiges Foyer in das Netz eingebunden. Die zwischen den Wegen verbleibenden, leicht erhabenen Geländeinseln werden von Ruderalvegetation besetzt und nur sporadisch ausgedünnt, um den steppenhaften Charakter zu erhalten. Die Abschnitte Niederkirchnerstraße/Gropiusbau sowie Wilhelmstraße sind als gegenüberliegende Zugangsseiten großflächig zu öffnen.
3 – Gebäude
Der kompakte, dreigeschossige Baukörper wird östlich von Bodendenkmal und „Küchenkeller“ frei im Gelände positioniert. Es werden weder die Verläufe von Grundstücksseiten noch die Proportionen und Fluchten der umliegenden Gebäude aufgenommen. In seiner vagen, quasi suchenden Stellung bezieht sich der Sonderbau ausschließlich auf das Gelände.
Das Raumprogramm wird in drei Geschossen übereinander geschichtet, wobei der vertikalen Verbindung durch einen zentralen Treppenraum besondere Bedeutung zukommt:
Das Foyer im Erdgeschoss wird aus dem Raum zwischen drei geschlossenen Trakten gewonnen. Vom Haupteingang aus liegen Vortragssaal und Wechselausstellungsbereich auf der linken Seite, Depot- und Büroräume im rechten hinteren Bereich und der WC- und Garderobentrakt in der rechten Ecke des Gebäudes. Auf der gegliederten Grundfläche können die vielfältigen Funktionen des Foyers gut verteilt und voneinander separiert werden. Trotz seiner Tiefe erhält es ausreichend Belichtung, da zum einen der nach oben geöffnete Treppenraum Licht ins Innere leitet und zum anderen die Foyerarme einen mehrseitigen Außenbezug haben. Der im Erdgeschoss zusammengefasste Abendbereich lässt sich unproblematisch vom übrigen Gebäude abtrennen.
Die körperhaft in den Treppenraum vorgeschobene Wand des Depottraktes leitet in das Mittelgeschoss über, in dem sich die Dauerausstellung als konzentrierter, vom Foyer abgehobener Rundgang befindet. Der Besucher gelangt über eine aus dem Zentrum nach außen ansteigende Treppe auf diese Ebene, deren einzelnen Raumabschnitte in Umkehrung zum introvertierten Foyer direkt auf das Gelände bezogen sind. Durch einen zusätzlichen Treppenlauf ist eine der Ausstellungssektionen mit dem Wechselausstellungsbereich im Erdgeschoss verbunden. Diese Sektion bietet sich für Sonderausstellungen an, die alternativ auch im südöstlichen Arm des Foyers aufgebaut werden können.
Durch die vertiefte Aufstellung des Gebäudes ragt das Mittelgeschoss in einer ungewöhnlich geringen Höhe – zugleich Nähe und Distanz – über das Gelände, wodurch sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Gegenwart des Besuchers und dem Ort stellt.
Der untere Teil der Bibliothek, in dem die Lager- und Archivfunktionen aufgenommen werden, setzt die Wand des Depottraktes im Mittelgeschoss fort. Die Verglasung zum Treppenraum hin verbindet Bibliothek und Foyer. Der Eingang zur Bibliothek liegt im Obergeschoss, in das man über eine an der Bibliothekswand aufsteigende Treppe gelangt. Die öffentlichen Arbeitsplätze gruppieren sich auf einer Galerie, von der aus die Freihandregale auf der unteren Bibliotheksebene eingesehen werden können. In der Nähe zu Haupttreppe und Bibliothek sind die Seminarräume angeordnet. Die Institutsräume liegen in einem größeren, zweihüftigen Trakt an der Ostseite, der trotz räumlicher Nähe zu den halböffentlichen Bereichen von diesen abgekoppelt werden kann.
Das Obergeschoss springt gegenüber dem Mittelgeschoss zurück, hat aber durch Einschnitte in den Geschosskörper eine größere Fassadenfläche. So wird es möglich, die Einzelräume zu belichten und diesem Geschoss – seinen Forschungsfunktionen entsprechend – einen eher in sich gekehrten, dem unmittelbaren Bezug zum Gelände entzogenen Charakter zu verleihen. Unterstützt wird dieser durch Sonnenschutzelemente, die die Fassade des Obergeschosses abschirmen.
4 – Ort der Täter
Die Funktion der „Topographie des Terrors“, die Täterseite der nationalsozialistischen Verbrechen zu dokumentieren und zu erforschen, verlangt eine nüchterne und den schwer fassbaren Vorgängen gegenüber verantwortungsbewusste Haltung einzunehmen. Die Sachlichkeit der Erforschung und Analyse sollte im Vordergrund stehen. An diesem Ort zeugen stumme Gebäudereste für die Tatsächlichkeit des Geschehenen.
Das Dokumentationszentrum sollte sich der Unterhaltsamkeit und dem schnellen Massenbetrieb verweigern und stattdessen die intensive Auseinandersetzung unterstützen. Daher sind das Institut und die Bibliothek von den öffentlichen Bereichen aus sichtbar. Daher sind auch die Räume der Dauerausstellung vom unmittelbaren Kontakt zum Foyer getrennt und als in sich geschlossener Rundgang ausgebildet, der ein ungestörtes Vertiefen ermöglicht.
BERLINAMMEER
Entwurf für die Besiedlung einer Restfläche mit Pioniergebäuden (2001)
LIBEN INTERLOCKING
Entwurf eines terrassierten Stadtteils an der Moldau, Prag (Wettbewerb 2003)
1 – Liben
Das heutige Prag ist keine radiale Stadt, deren Stadtteile über infrastrukturelle Nabelschnüre mit einer zentralen Altstadt verbunden sind. Vielmehr erscheint die Stadt auf dem Plan als eine lückenhafte und relativ ungerichtete Versammlung von Stadtteilen. Diese sind durch topographische und/oder infrastrukturelle Elemente getrennt. Zwischenbereiche sind mit Nischen nutzenden Siedlungsformen besetzt.
Der Stadtteil „Liben“ wird von beiden geprägt. Sein fragmentarischer, heterogene Charakter ist Teil seiner Identität: ein schwer erfassbarer Zusammenhang. Ländliche und großstädtische Bauformen, enge und weite Straßenräume, hohe Dichte und Brachen, öffentliche und hermetisch verschlossene Bereiche, hoher Organisationsgrad und Improvisation, Wohn-, Gewerbe-, Erholungs- und Verkehrsfunktionen, historische Relikte und prahlerische Neuheit stehen nebeneinander. Die Mehrdeutigkeit wird verstärkt durch die Ballung von öffentlichen Verkehrsmitteln am Palmovka Platz: man scheint hier anzukommen, um weiterzugehen, man wechselt das Verkehrsmittel, kauft noch schnell auf dem Markt ein, der sich die Menge der Passanten zu Nutzen macht. Auch die in den Rückbereichen der Hauptstraßen angesiedelten Gewerbebetriebe unterstützen die durchaus urbane, von einer dichten Nutzungsmischung geprägte Atmosphäre.
2 – Am Rand einer flachen Pfütze
Trotz seiner fast innerstädtischen Lage ist Landschaft in Liben vielfältig präsent. Die wesentlichen landschaftlichen Elemente Prags – die Moldau und die Hügel – prägen das Gebiet. Die Moldau weist durch ihre Fluten die Stadt von sich zurück und schafft mit ihrer Niederung einen innerstädtischen Erholungsraum, mit dem Liben in direkter Verbindung steht. Die zwiebelringartig in den Stadtteil eingeschriebenen Auswirkungen des Flusses überschneiden sich mit den Ausläufern der Hügel und mit den Aufschüttungen der Libensky Brücke und des ehemaligen Bahndamms. Weite, teilweise angelegte Räume mit Blick über die Flussniederung wechseln mit engen und eingeschlossenen Situationen.
Der topografisch-landschaftliche Status des Entwurfsgebietes ist ambivalent wie der Rand einer flachen Pfütze. Dies zeigt sich im Geländerelief: Die äußere Begrenzung der Niederung – das hohe Ufer – wird durch die Blockränder an den Straßen Sokolovska und Zenklova gebildet. In diesem Sinne liegt das Entwurfsgebiet schon außerhalb der Stadt: Es liegt „im Fluss“. Dieses Moment wird aber durch den aufgegebenen Bahndamm infrage gestellt. Er wirkt wie eine Eindeichung: die Stadt wird in die Flussniederung vorgeschoben. Der Damm schließt Niederungsbereiche ein, die dadurch gewissermaßen verlanden. Im östlichen Bereich, wo der Bahnhof lag, verschmilzt der Damm mit dem Stadtufer.
3 – Interlocking
Die Vielfalt der Räume und Bauformen/Strukturen sind Ausgangsbedingung für die Weiterentwicklung Libens. Es gilt nicht, die Differenzen zu nivellieren oder eine der Bauformen zur Norm zu erheben. Vielmehr soll die Heterogenität durch die selbstbewusste Besetzung des Entwurfsgebietes und durch das Freistellen der Differenzen in ihrer Erkennbarkeit gesteigert werden.
Landschaftliche und bauliche Elemente der näheren Umgebung wie die Flussniederung oder die Libensky Brücke werden in ihrer Eigenheit gestärkt und erkennbar gemacht. Neue Programme werden an sie adaptiert. Die zentrale Bedeutung des Palmovka Platz wird betont, ohne ihn selber anzutasten. Die städtebauliche Neuordnung verbindet alle wesentlichen existierenden und geplanten Gebiete mit dem Platz. Die Einbuchtung der Flussniederung wird bis zum Platz erweitert und gibt dem jüdischen Friedhof als Gebiet im Gebiet eine klare Zuordnung.
Die hermetischen Gewerbeansammlungen entlang der Voctarova Straße verlieren durch einen Prozess der Einschnürung und Verdichtung ihren Barrierecharakter und gewinnen gleichzeitig an erkennbarer Form. Das monumentale Bauwerk der Libensky Brücke besteht historisch und funktional aus drei Abschnitten. Der östliche, etwas verwaiste und nur von der Tram befahrene Abschnitt wird durch eine Reihe von seitlich ansetzenden Bürogebäuden zum hochgelegenen Vorplatz einer Stadt der Arbeit. Die Öffentlichkeit kehrt auf das Brückenbauwerk zurück, nicht als Autofahrer sondern als Passanten auf dem Weg zum Arbeitsplatz oder als Spaziergänger, die von ihm in das Erholungsgebiet der Flussniederung wechseln können.
Die Lage des engeren Entwurfsgebietes zwischen Flussniederung und Hügel wird übersetzt in eine durchlässige und terrassierte Struktur, die sich deutlich von der blockhaften Bebauung im östlichen Liben unterscheidet. Die neue Struktur zieht sich bis zur Kante des ehemaligen Bahndamms und bildet dort eine weithin sichtbare Silhouette. An der Kante begegnen und verschränken sich Hügel und die Flusslandschaft.
Ein Netz aus lavierenden Wegräumen durchzieht die neue Bebauungsstruktur. Die Wege führen auf Stadtterrassen, sie erschließen die Wohncluster und stellen eine Verbindung zum Erholungsgebiet der Flussniederung her. Das neue Wohngebiet wird von wechselnden Sichtbeziehungen bestimmt, die sich aus der Anordnung der Gebäude und aus dem abgestuften Relief ergeben. Analog zu einem Vexierbild sind je nach Standpunkt unterschiedliche Räume zu sehen, die sich zu einem Ganzen verschränken.
Gewerbliche, soziale und kulturelle Einrichtungen werden im Wohngebiet verteilt und ziehen die Öffentlichkeit mit ein. Die Varianz der Wohnungstypen steht die unterschiedlichen Formen von städtischem Wohnen und führt zu sozialer Durchmischung. Ein Teil der Gebäude lässt mit offenen Grundrissen sowohl Wohn- als auch gewerbliche Nutzungen zu. Die Trennung zwischen Wohnen und Arbeiten hat sich auf eine Türschwelle reduziert.
Der Wohncluster ist eine Kombination von drei Gebäudetypen: Flachbau, Mischtyp und Wohnscheibe. Er bildet eine Nachbarschaft. Jeder Nachbarschaft stehen Freiflächen zur Verfügung, die durch Höhenversprünge von den öffentlichen Wegflächen abgesetzt sind. Grundlage der Cluster ist ein Höhenfeld, das an seinen Außenkanten von U- und L-förmigen Flachbauten nachgezeichnet wird. Die Flachbauten umfassen interne Patios, die der Nachbarschaft als begrünte Freifläche dienen. In den Flachbauten siedeln sich gewerbliche und soziale Einrichtungen an. Auf der Seite der Patios setzen sich die Wohnungen der auf und neben den Flachbauten platzierten Wohngebäude als Maisonetten nach unten bis auf das Patio-Niveau fort. So ergeben sich für jedes Wohnhaus mehrere erdgebundene Wohnungen mit direktem Anschluss an den Grünraum. Die Dächer der Flachbauten sind vielfältig bespielbar. Über sie verläuft die Erschließung der Wohngebäude.
Der Mischtyp vereinigt Wohn- und gewerbliche Nutzungen. Er hat einen innen liegenden Erschließungskern und umseitig nach außen orientierte Nutzräume. Ein System aus versetzbaren Zwischenwänden erlaubt flexible Einheitsgrößen. Maximal sechs Wohnungen sind pro Etage möglich. Auf der anderen Seite kann eine ganze Etage zu einem ringförmigen Großraumbüro verschaltet werden.
Der Scheibentyp kombiniert Maisonette- und eingeschossige Wohnungen unterschiedlicher Größe. Die erdgebundenen Wohnungen werden direkt erschlossen. Ab dem zweiten Obergeschoss verlaufen Laubengänge an der Längsseite. Das Treppenhaus befindet sich an einer der Stirnseiten. Die andere Stirnseite wird von einem eingeschossigen Wohnungstyp mit gewendeter Ausrichtung besetzt.
Der wirksamste Flutschutz ist, nicht in der Flussniederung zu bauen. Die Wohngebäude werden deshalb erst ab einer flutsicheren Geländehöhe etabliert. Aufwendige flutsichere Bauweisen sind bei einer allgemeinen Aufgabe wie dem Wohnungsbau nicht gerechtfertigt. Die direkte Nähe der Wohnnutzungen zum Fluss ist nicht zwingend.
Die Systeme für den Autoverkehr und für die fußläufige Bewegung überlagern sich zu einem komplexen Wegenetz. Das Erholungsgebiet der Flussniederung ist über die Brücke an der Voctarova Straße mit dem neuen Wohngebiet verbunden. Das interne Straßensystem ist von den Hauptstraßen entkoppelt, so dass im Gebiet kein Durchgangsverkehr entstehen kann.
TURM
Verwandlung eines sowjetischen Wachturmes in Potsdam (Künstlerin Annette Wehrmann, Entkernung und Verspiegelung, 2001)
„Im oberen Teil des Turms befand sich eine Plattform, die durch eine in seinem Inneren befindliche Treppe erreichbar war. Von dort aus hatten die Wachtposten durch die rundum laufenden Fenster umfassenden Ausblick. Der Bau ist so einfach wie möglich gehalten, ein grau verputzter Zweckbau aus den 50er Jahren, ein typisches Produkt der Zeit. Seitlich befindet sich eine Lampe, und mittlerweile gibt es auch Graffiti am Turm (diese jüngeren Datums). In unmittelbarer Nähe des Turms befanden sich noch weitere Gebäude, Kasernen, Munitionsdepots und dergleichen, die – wie auch der Turm – zuletzt der Potsdamer Jugend als Graffitiübungsfläche dienten.“
„Im Rahmen des Projektes DER TURM wurde der ehemalige Wachturm so umgestaltet, dass die militärischen Funktionen des Gebäudes jeweils in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Dies allerdings nicht im Gegensatz zu den Aktivitäten der Graffitikids, deren Praxis von Aneignung und Umwidmung ein Teil der Geschichte des Ortes ist. Das ist am Äußeren des Turmes, das nicht verändert wurde, auch noch sichtbar. Die Plattform und die Treppe wurden entfernt, und die Decke und Wände – mit Ausnahme der Fenster – ganzflächig verspiegelt. Der eintretende Besucher findet sich also im unteren Teil eines engen, fast sieben Meter hohen kaleidoskopähnlichen Spiegelkasten (Maße des Turms: 2m x 2m x 6,75m). Dort bleibt er auch, unten, im Gegensatz zur ehemaligen Möglichkeit, auf die Aussichtsplattform zu steigen und die Position des Wächters/Jägers einzunehmen.“
„Der Panoramablick über das Umland ermöglichte den erhöht Sitzenden oder Stehenden eine weitgehende visuelle Erfassung der Vorgänge in der Umgebung, das Gebäude selbst, der Innenraum war zweckdienlich und unwichtig. Die Fenster des TURMs bieten dem Betrachter keinen Panoramablick über die Landschaft, sondern befinden sich außerhalb der Reichweite und dienen lediglich dazu, Licht ins Innere des Gebäudes zu lassen. Fragmente der Außenwelt – Himmel, Bäume, Gras – sind überall gegenwärtig und fügen sich mit den vielfachen Widerspiegelungen der auf die Fenster gesprühten Graffitis – sehr auffällig in Blau das Wort UTOP – und den Spiegelbildern der Betrachtenden zu neuen erstaunlichen Kombinationen. Dies alles im Gegensatz zu den Kontroll- und Überwachungsfunktionen des ehemaligen Wachturms. Der Blick wird von allen Seiten zurückgeworfen, sowohl als direkte Widerspiegelung und Umkehr der Blickrichtung als auch als Ausblick auf den Betrachter als Betrachtenden.“
„Von außen auf den Turm zugehend, tritt der Betrachter durch eine zweckmäßige Eisentür in einen als eng und heruntergekommen identifizierten Zweckbau ein, um sich dann in einer illusorischen Weite wieder zu finden, die die reale Begrenztheit des Raumes vergessen lässt. Die wechselseitigen Spiegelungen – visuelle Rückkopplungen – verschwimmen in der Distanz in der grünlichen Färbung des Glases. Demgegenüber behauptet der illusionäre, gespiegelte Raum des Turmes in seiner Unbetretbarkeit, Uneinschätzbarkeit und mit seinem Fehlen von Grenzen eine Gegenposition: sowohl zur Kontrollierbarkeit des Außenraums als auch zur Funktionalität des Innenraums. Also eine Umpolung und Umwidmung, das Ersetzen einer bekannten Struktur durch eine dem entgegenstehende, entgegengesetzte.“
„Das Medium dieser Umwidmung sind Spiegelflächen: großflächige Spiegel fanden erstmals zur Zeit des Barock Verwendung (eine technische Neuheit der Zeit). In den Barockpalästen schufen Spiegelsäle illusorisch ausgedehnte Raumfluchten und dienten der vervielfältigenden Wiedergabe der Person des Herrschers. In ähnlich eindeutiger Form dienen heute Spiegelflächen an Bürotürmen und vergleichbaren Bauten der Repräsentation der Macht: Diese Spiegel sind jedoch außen und nicht im Inneren der Gebäude angebracht, sie erzeugen keine Raumillusion.“
„Illusorischen, gespiegelten Räumen haftet ein Moment der Billigkeit, von Jahrmarkt, Spiegelkabinett und Irrgarten an, oder von Disco: Desorientierung und Rausch. In dieser Funktion finden sie auch in Kaufhäusern Verwendung: Desorientierung und Rausch im Sinn des Kaufinteresses. Die im TURM zur Anwendung kommende Spiegelkonstruktion dockt am Irrgarten- und Jahrmarktspart der Spiegelgestaltung an: Desorientierung und spektakuläre Effekte anstelle des eigentlich bestätigenden, repräsentativen Charakters der Verdoppelung.“
„Der Abschluss der Spiegel zur Tür und zum Fußboden hin ist nicht verblendet, man kann an diesen Stellen also in die Konstruktion hineinschauen, auch sind die Fugen zwischen den Spiegeln offengelassen. Die Illusion, obwohl zwingend, ist keine vollständige: Die Materialität des TURMs bleibt präsent.“
(Texte aus: „Tarnung:Enttarnung. Kunstprojekte der Bundesgartenschau Potsdam 2001“, hrsg. von Elmar Zorn und Kai Vöckler, darin: Sabeth Buchmann „Kunst im sozialen Kontext, welch merkwürdige Arabeske“, darin ungekennzeichnete Zitat, vermutlich von Annette Wehrmann)
Fundament: Beton gefüllte Ölfässer. Struktur: 3×2 gebrauchte 20‘-Schiffscontainer. Dazwischen Holzkonstruktion aus einem alten Reitstall. Ausfachung: Acryl-Doppelstegplatten. Dächer: Schuten-Abdeckhauben. Dämmung, Außenhaut und Ausbau: vom Schrotthandel. Elektrik: neu. Heizung: Fernwärme. Nutzfläche 180 m². Genehmigung: Freiheit der Forschung. Baukosten 50.000 DM aus Spenden. Nutzungsdauer bisher: 31 Jahre.